Was für eine Ehre – wir dürfen in Titos Suite übernachten. Zumindest gefühlt.
Und das kam so: Wir sind im ehemaligen Jugoslawien, Jutta besucht ein Seminar, und ich mache Urlaub. Das Seminar findet in einem Seminarhotel statt, ein „5-Sterne-Grandhotel“, mit toller Lage direkt am Meer, und mit vielen Annehmlichkeiten.
Es stammt unverkennbar aus der Tito-Zeit: Beton-Brutalismus, barocker Einrichtungsstil, notdürftig saniert. Eher kleine Zimmer, denn während des Sozialismus sollten die Gäste nicht auf den Zimmern hocken sondern sich in den Gemeinschaftsräumen sozialisieren. Es funktionierte bei uns ein Teil der Beleuchtung nicht, die Wäscheleine hielt nicht, und die Balkontür ließ sich nicht abschließen, was beim gestrigen Gewittersturm eher ungünstig war. Irreparabel, also entschied der Haustechniker auf „neues Zimmer“. Hotel war aber ausgebucht, so dass man uns in eine Suite umquartieren musste.
Auch nicht schlecht, im geräumigen Salon ein großer Esstisch, den ich jetzt als prima Schreibtisch mit Meerblick benutze (auch für den nächsten New-Host-Stammtisch), schwere Sitzgruppe mit TV, Schränkchen und Servierwagen für Spirituosen (leider leer), Schlafzimmer mit TV und zweitem Balkon sowie angeschlossenem Bad, Ankleidezimmer mit Gäste-Bad sowie noch ein Gästezimmer mit drittem Balkon. 29 Lichtschalter zähle ich; ein Statussymbol?
Die schwülstigen Leuchten und der Einrichtungsstil lösen bei uns eine Zeitreise aus, wo man sich in dem barocken Mobiliar Zigarre paffende Politiker rumsitzend bestens vorstellen kann.
Ich vermute, die Suite wurde schon länger nicht mehr benutzt. Beide Telefone leider tot, sonst hätte ich die nicht-funktionierende Klimaanlage im Salon reklamieren können. Der Brauseschlauch stammt bestimmt noch aus Titos Zeiten, so löchrig ist der. Und es offenbart sich das Dilemma der Arbeitsteilung: viele Ansprechpartner, und keiner ist zuständig. Beginnt ja auch schon dort, wo „remote“ vermietet wird, und irgendeine nach verzweifelter Suche gefundene „Perle“ alles richten soll, am besten noch den Meldeschein und die Schlüsselbox. Spätestens beim nach allen Seiten spritzenden Perlator endet ihre Zuständigkeit.
Deshalb mein Resümee: Nichts geht über eine Privatunterkunft, wo ich 1 Ansprechperson habe, welche sich für alles in ihrem Eigentum zuständig fühlt und auch selber Hand anlegt, wo Not ist.
Aber die Ehre, hier residieren zu dürfen und der gute Wille des Hotels machen die Mängel wett:
