2018 | Türchen 17 | CC-Adventskalender | Das CC - Eine lebendige & heterogene Gruppe. | Teil II

Evi-and-Markus0
Level 10
Cologne, Germany

2018 | Türchen 17 | CC-Adventskalender | Das CC - Eine lebendige & heterogene Gruppe. | Teil II

Liebe Community,

gern öffne ich das 17. Kalendertürchen unseres Adventskalenders.

Im ersten Teil meines Artikels ging es hauptsächlich um Kontexte.
Der Kontext, weshalb ich diesen Artikel geschrieben habe, wurde geklärt.

Außerdem ging es um den jeweiligen individuellen, persönlichen Kontext, in dem jedeR denkt und handelt.

Weiter habe ich einen kurzen Blick auf die Ebenen (Sach- und Beziehungsebene),

auf denen Kommunikation stattfindet, geworfen. Interessant war,

sich anzuschauen wie wir kommunizieren und ich habe drei Einflussfaktoren (verallgemeinern, tilgen, verzerren)

in der zwischenmenschlichen Kommunikation betrachtet.

Und der zweite Teil beginnt direkt auch mit einem Kontext.
Ich möchte noch kurz etwas zu meinem persönlichen Kontext schreiben.
Vielleicht hilft es, manche Aussagen in diesem Artikel

und in meinen Beiträgen hier im CC besser einzuordnen.

Ich achte darauf nicht in Kategorien zu denken.
Es geht um das, was man im Volksmund auch gerne „Schubladendenken“ nennt.

Das heißt konkret, ich versuche nicht in Kategorien wie zum Beispiel

richtig-falsch, gut-böse, gut-schlecht, schuldig-unschuldig usw. zu denken.
Jetzt werden einige denken: „So ein Quatsch! Wie soll das denn gehen?
Und natürlich gelingt es mir nicht immer. Ich bin ein Mensch wie jeder andere. 😉

Dennoch geht bei mir ein inneres Warnlämpchen an, wenn ich merke,

dass ich in Kategorien denke bzw. ich mein Gegenüber in eine Schublade stecke.
Gut und Böse sind Konstrukte unserer Gedanken.
Schon Shakespeare wusste:

An sich ist nichts weder gut noch böse.


Das Denken macht es erst dazu.

Die Einteilung in Schuldige und Unschuldige zum Beispiel führt logischerweise

noch tiefer in das Kategorie-/Schubladendenken. Bin ich erstmal richtig im Kategorie-/Schubladendenken drin,

passiert es quasi automatisch, dass ich dazu neige Menschen in gut und schlecht einzuteilen,

oder Aussagen als richtig oder falsch zu deklarieren.

 

Und deshalb passiert es mir auch hier im CC immer mal wieder,

dass ich denke: „Dieser oder jener Kommentar ist schlecht.“, „Das ist falsch.“ oder „Daran ist xyz schuld.

Und schon geht dieses besagte innere Warnlämpchen an.
Nun ist es so: Es kann passieren, dass dieses Warnlämpchen zwar leuchtet

und dennoch von mir nicht wahrgenommen wird.

Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine oder mehrere Emotionen das Lämpchen dimmen - es also nur noch wenig leuchtet.

Die (Warn-)Funktion ist dann eingeschränkt. Meine Emotionen wirken dabei wie ein Nebel und vernebeln mir die Sicht.

Bei negativen Emotionen ist die Sicht besonders schlecht. Positive Emotionen dagegen können den Nebel wieder lichten.

Was passiert, wenn die Emotionen im Vordergrund stehen?
Um das besser zu verstehen, möchte ich kurz einen vereinfachten Blick auf unser Gehirn werfen.

Unser Gehirn besteht grob betrachtet aus 3 Bereichen.

Dem Stammhirn, dem limbischen System und der Großhirnrinde.

 

 

© Sylvia Graß | COACHING. TRAINING. BERATUNG.© Sylvia Graß | COACHING. TRAINING. BERATUNG.

Wir sehen, unsere Emotionen sind im limbischen System beheimatet.
Unsere Persönlichkeit, Kultur und höhere geistige Aufgaben/Denken (z.B. Vernunft, Reflexion usw.)

sind dagegen im Großhirn zu finden.


Würden das limbische System und das Großhirn einen 100-Meter-Lauf gegeneinander absolvieren,

würde das limbische System gewinnen. Das heißt, das limbische System ist schneller bzw. reagiert schneller.

Zum Vergleich und zur Verdeutlichung:
Das Großhirn ist entstehungsgeschichtlich noch relativ jung, ist hoch entwickelt

und hat enorme analytische Fähigkeiten, die es uns ermöglichen hochdifferenzierte Entscheidungen zu treffen.
Das limbische System dagegen ist entstehungsgeschichtlich deutlich älter

und kann gerade einmal empfinden, ob ihm etwas gefällt oder nicht.

Das kann es dafür unheimlich schnell und unheimlich stark.

Das erklärt auch sehr anschaulich, weshalb wir schneller dabei sind Menschen oder Dinge in Schubladen zu stecken,

als ihnen differenziert und/oder hinterfragend zu begegnen.
Anders ausgedrückt: Jemanden oder etwas sch**** finden geht verdammt schnell.

Die eigenen Gedanken und das eigene Handeln zu hinterfragen dauert etwas länger. 😉

Ich fasse kurz zusammen:
Unsere Emotionen und der Kontext sind wesentlich in der Kommunikation.
Wenig überraschend, denke ich.

Ohne Kontext ist es wahrscheinlicher, dass wir unser Gegenüber missverstehen. Wieso?
Ganz einfach. Weil wir fehlende Informationen für gewöhnlich nicht
nach- bzw. hinterfragen. Wir machen es uns „einfach“ und füllen diese Informationslücken

mit Informationen aus unserem eigenen persönlichen Kontext (eigene „geistige Landkarte“).

Beispiel:
Nehmen wir an, ich besuche mehrmals im Jahr die Stadt Paris.
Meinem Gegenüber sage ich z.B.: „Nächste Woche bin ich wieder in Paris.

Mein Gegenüber erzählt dann vielleicht einem Freund: „Markus fliegt nächste Woche nach Paris.
Diese Aussage ist völlig ok und dennoch ist ein Aspekt an der Aussage sehr interessant.

Denn ich fahre für gewöhnlich mit der Bahn nach Paris. Die Information, wie ich nach Paris komme, habe ich nicht gegeben.
Was ist passiert?
Mein Gegenüber fragt nicht nach und füllt die Informationslücke mit seinem persönlichen Kontext.

Denn mein Gegenüber war auch schon 1-2 Mal in Paris und ist jedes Mal geflogen.

Ein sehr simples Beispiel, welches dennoch, wie ich finde, die Denk- bzw. Verhaltensmuster, wenn uns Informationen fehlen, schön verdeutlicht. Es ist quasi normal, dass dieses „Auffüllen der Informationen“ passiert.
Dieses „Auffüllen“ der Informationslücken ist schlicht menschlich. Wir alle tun das und es passiert meist unbewusst.

An dieser Stelle möchte ich kurz auf den ersten Teil meines Artikels verweisen

und daran erinnern, dass die Körpersprache und die Sprechtechnik einen sehr wichtigen

und großen Teil unserer Kommunikation ausmachen. Dieser Teil der Kommunikation fehlt in einem Forum.
Und was uns in der Kommunikation fehlt,… - genau! - ...füllen wir mit unserem persönlichen Hintergrund.

Interessant an diesem Wissen über Kommunikation ist die Kraft der Veränderung,

welche in diesem steckt. Wenn ich zum Beispiel merke, dass mir Informationen fehlen,

kann ich mich mit diesem Wissen (Verallgemeinerung, Tilgung, Verzerrung usw.) bewusster entscheiden

die Informationen zu erfragen, statt sie mit meinem persönlichen Hintergrund aufzufüllen.

Dieses „Auffüllen“ nennt man gemeinhin Spekulation oder Vermutung.

Und wenn wir verstehen, was Menschen motiviert bzw. demotiviert,

wenn uns bewusst ist, dass jeder Mensch vor dem Hintergrund seiner „geistigen Landkarte“ denkt und handelt

und wenn wir dann vielleicht noch etwas über Gruppendynamiken wissen,

eröffnen wir uns selbst die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels.

Dann kann aus einer angespannten Situation ein Impuls der (Weiter-)Entwicklung werden.

Um kurz auf die Diskussion zur Löschung eines Threads hier im CC Bezug zu nehmen:
Durch einen Perspektivenwechsel ist es möglich die Löschung nicht mehr als richtig oder falsch zu bewerten.

Es besteht die Möglichkeit aus der Bewertung herauszugehen und sich rein sachlich anzuschauen,

was denn eigentlich zu der aktuellen, für einige als angespannt empfundenen, Situation geführt hat.

Im Endeffekt sind die Ereignisse auf unterschiedliche „geistige Landkarten“ getroffen.
Anders ausgedrückt: JedeR hat die Aussagen in einen bestimmten (persönlichen) Kontext gesetzt und vielleicht bewertet.

Oder es wurden vielleicht einfach „nur“ bestimmte Emotionen ausgelöst,

die dann relativ schnell zu einer bestimmten Handlung oder Aussage geführt haben.

Und wie wir ja wissen, ist das limbische System, das Zuhause unserer Emotionen, verdammt schnell. 😉

Interessant an diesem Perspektivenwechsel ist für mich die Frage:

Was passiert, wenn bestimmte Ereignisse nicht bewertet werden und stattdessen der Fokus auf das Eigentliche gelegt wird?

Ich erinnere mich zum Beispiel, dass es in keinster Weise darum ging ein CC-Mitglied zu verletzen, zu beleidigen, gar zu mobben,

oder was auch immer. Es ging um konkrete Formulierungen von Kommentaren und darum,

ob diese Kommentare konstruktiv sind und inwiefern diese zu den verschiedenen Threads und Themen beitragen.

Im zweiten Teil meines Artikels spielte wieder der (persönliche) Kontext eine Rolle.

Es ging um ein kleines (Warn-)Lämpchen, welches ich nicht mehr missen möchte - bringt es mir doch deutlich mehr Gelassenheit.

Und mein Großhirn freut sich, dass sich die Emotionen nicht immer vordrängeln. 🙂

Außerdem warf ich einen groben Blick auf das Gehirn und stellte fest,

dass das limbische System den jamaikanischen Weltrekordsprinter Usain Bolt lahm wie eine Schnecke aussehen lässt.

Es ging um Schubladen.

Nicht die Schubladen, welche man in einem schwedischen Möbelhaus bekommen kann.

Was nicht heißt, dass schwedische limbische Systeme Menschen nicht genauso schnell in eine Schublade stecken

wie die limbischen Systeme im Rest der Welt. 😉

Ich habe darüber geschrieben, dass wenn wir aus der Bewertung gehen,

wir uns selbst neue bzw. andere Möglichkeiten eröffnen.

Zum Beispiel die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels.

Am Freitag werde ich diesen Artikel und die Arbeitswoche mit dem dritten und letzten Teil beenden.

Ich hoffe, dieser zweite Teil war für den einen oder die andere interessant.
Es hat mir wieder Spaß gemacht (für Euch) zu schreiben und ich wünsche Euch einen guten Start in die neue Woche.

LG
Markus

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Gute Gespräche sind nur aus der Position
„Ich bin ok, Du bist ok.“ heraus möglich.

5 Antworten 5
Patricia741
Level 10
Rösrath, Germany

@Evi-and-Markus0   spannend zu lesen.  Freue mich auf den 3. Teil.

Als vet.med. Naturwissenschaftlerin ist es herrlich zu lesen, wie einfach das Gehirn aufgebaut ist. In meinem Fach füllt dieses Organ zwischen den Ohren nur für die Anatomie mehr als 400 Seiten. Es ist zum Lernen ein gefürchtetes Horrororgan. Aber das nur nebenbei. Wichtiger ist sicherlich was wir aus dieser weichen Masse machen und wie wir es einsetzen.
Guten Start in den Tag   HH&HG Patricia

 

Das freut mich, @Patricia741, dass es spannend für Dich zu lesen war. 🙂

 

Und was die Betrachtung des Gehirns angeht, ist der Unterschied zwischen Deinem Bereich und meinem natürlich sehr groß.

In meinem Bereich ist eine detailierte Kenntnis der Anatomie des Gehirns nicht nötig. In Deinem Bereich sieht dies, verständlicherweise, anders aus.

 

Ich bin froh, dass ich keine 400 Seiten Anatomie des Hirns lernen muss. Mir reicht es, dass ich weiß wie es grob funktioniert und welchen konkreten Einfluss es auf unsere Kommunikation hat. 🙂

Und da stimme ich Dir zu! Am Ende kommt es darauf an wie wir unser Hirn bzw. seine Fähigkeiten für uns einsetzen.

Wenn mir mal nach generalisieren ist, sag ich auch mal gerne: "Es gibt (Hirn)Besitzer und (Hirn)Benutzer."

Ob man sein Hirn lediglich besitzt oder es lieber benutzt, entscheidet jeder für sich allein.

 

Ich habe mich für's Benutzen entschieden und heute Früh erst gab mir mein Hirn den Impuls es mir bei dem Wetter mit Evi heute Abend gemütlich zu machen.

Ich liebe mein Hirn. Es sorgt so gut für mich und hat hin und wieder echt tolle Ideen. 😄

 

Angenehmen Tag wünsche ich...

LG
Markus

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Gute Gespräche sind nur aus der Position
„Ich bin ok, Du bist ok.“ heraus möglich.

Anja236
Level 10
Catalonia, Spain

@Evi-and-Markus0

Vielen Dank! Wirklich spannend!

 

Und den hier muss ich mir merken, gefällt (99 Kudos extra...:-)))))))))

 

"Es gibt (Hirn)Besitzer und (Hirn)Benutzer."

Ilona18
Level 10
Torremolinos, Spain

@Evi-and-Markus0  ich muß gestehen, dass mir das Lesen solcher langen theoretischen Texte sehr schwer fällt. Weil mir die nötige Konzentration fehlt, muß ich sie (mit einer Pause) ein zweites Mal lesen. Ich kann besser mit Geschichten, Parabeln und Beispielen umgehen.

Zum Thema Perspektivenwechsel  ist mir aber sofort eine Geschichte eingefallen, die ich vor vielen Jahren während einer Meditation "erfunden" habe:

 

" Ein Inuit und ein Aborigine finden ein Handy im Eis, bzw. in der Wüste. Sie drücken auf einen Knopf und haben zufällig eine Telefonverbindung miteinander.

"Hallo wie geht es dir?"

"Es geht mir gut, aber es Nacht und sehr dunkel."

"Du spinnst doch, es ist Tag und sehr hell."

Sie streiten stundenlang.....

Ein Alien fliegt mit seinem Raumschiff um die Erde und wundert sich über diesen dummen Streit, der nur aus Informationsmangel und Engstirnigkeit entstanden ist.

 

Diese Geschichte habe ich früher immer meinen Schülern erzählt und sie aufgefordert immer aus der erweiterten Sicht eines Aliens im Weltall zu denken, also mit einem Blick auf das große Ganze und nicht nur die winzigen Teilbereiche zu betrachten.

 

 

 

Ist ja völlig ok, @Ilona18. Wenn lange Texte nicht Dein Ding sind, dann teile sie Dir ein. Und das machst Du ja. 🙂

 

Vielen Dank, für Deine Geschichte!

Ich mag Geschichten sehr. Sie können Sachverhalte oft so schön verständlich verpacken.

 

Wer auch Geschichten sehr mag, hier ein Buchtipp:

 

"Komm, ich erzähl Dir eine Geschichte" von Jorge Bucay

(https://www.amazon.de/Komm-ich-erz%C3%A4hl-eine-Geschichte/dp/3596170923/ref=tmm_pap_swatch_0?_encod...)

 

Die Metapher mit dem Blick des Aliens aus dem Weltall finde ich klasse. Merke ich mir! 🙂

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