Kleingewerbe anmelden?

Jacqueline-and-Robby0
Level 2
Overath, Germany

Kleingewerbe anmelden?

Hallo Zusammen,

ich hoffe, ihr könnt mir weiter helfen 🙂

Laut unserem Gewerbeamt müssen wir kein Gewerbe lt. Kleinunternehmerregelung anmelden, da wir kein Frühstück anbieten etc.

Jedoch laut unserem Finanzamt müssen wir ein Gewerbe anmelden.

Jetzt sind wir eigentlich nur noch verwirrt was wir machen sollen 😕

Wir sieht es bei euch aus? Habt ihr alle ein Gewerbe angemeldet?

Vielen Dank schon mal vorab 🙂

113 Antworten 113
Ute42
Level 10
Germany

.

Hallo @Monika--Elisabeth0 ,

 

da habe ich Dich jetzt aber beim Schummeln erwischt. Du zitierst aus dem Wirtschaftslexikon nämlich nur den Anfang des Satzes.

 

Der ganze Satz lautet:

 

  • Ein Gewerbe im rechtlichen Sinne ist jede erlaubte, selbstständige,
    nach außen erkennbare, auf Gewinn gerichtete und auf Dauer angelegte
    Tätigkeit mit Ausnahme der Urproduktion, der freien Berufe, der Verwaltung
    eigenen Vermögens und der künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten

Da ich die Vermietung des Ferienhauses als private Vermögensverwaltung betreibe, falle ich eben nicht unter Gewerbe. Das steht ja auch in diesem Satz so drin „Mit Außnahme der ….. Verwaltung eigenen Vermögens“. Der Steuerberater den ich habe hat nach eigener Aussage 40 Mandanten die Ferienobjekte vermieten. Nicht ein einziger von denen betreibt ein Gewerbe. Ergo, für Deutschland gilt: Der Satz „ein Kleinunternehmer ist gewerblich tätig“ ist falsch.

 

Mittlerweile hat mein Mann den von @Jacqueline-and-Robby0 verlinkten Artikel gelesen, dem sind die Haare zu Berge gestanden. Kommentar: Diesen Artikel hat ein Laie geschrieben der von der ganzen Materie keine Ahnung hat.

 

Nochmal, für die Vermieterkollegen: Als kleiner Vermieter ein Gewerbe anzumelden kann sehr schädlich sein. Es gibt nur ganz wenige, außergewöhnliche Umstände, die so etwas rechtfertigen würden. Diese Fälle können nur durch individuelle Einzelfallberatung ermittelt werden.

 

 

 

 

 

 

Till-and-Jutta0
Host Advisory Board Alumni
Stuttgart, Germany

Und es gibt noch eine Zusatzverwirrung: 

In der Stuttgarter Zweckentfremdungssatzung heißt es nämlich

[...]

Eine Zweckentfremdung liegt insbesondere vor, wenn der Wohnraum
1. überwiegend für gewerbliche oder berufliche Zwecke verwendet oder überlassen wird, [...]

Da könnte man jetzt meinen "prima, ich bin nicht gewerblich, und mein Beruf ist es auch nicht (sondern nur private Vermögensverwaltung) - also zweckentfremde ich nicht! Aber das ist dann nach der finanzamtlichen und der ordnungsamtlichen die dritte Definition von gewerblich = Gewinnerzielungsabsicht.

Ächz.

.

@Till-and-Jutta0,

 

richtig, das ist jetzt das dritte Rechtgebiet. Dazu sage ich jetzt

aber nichts weil ich davon nichts verstehe.

 

Es gibt ein bekanntes Wort eines unbekannten Autors:

 

Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten 🙂

 

Till-and-Jutta0
Host Advisory Board Alumni
Stuttgart, Germany

@Ute42,  heute beim Lesen der Stuttgarter Nachrichten bin ich noch auf ein 4. Rechtsgebiet gestoßen. Im Zusammenhang mit fingierten Autounfällen tauchte dort der Begriff „gewerbsmäßiger Betrug“ auf. Das deutschen Strafgesetzbuch § 263 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 führt „gewerbsmäßig“ an. Schätze, das Anmelden eines solchen Gewerbes wird nicht einfach.

.

@Till-and-Jutta0, das stimmt, so ein Gewerbe anzumelden dürfte nicht einfach sein.

 

Vor allen Dingen: Wo meldet man den Sitz der Gesellschaft an?

 

Till-and-Jutta0
Host Advisory Board Alumni
Stuttgart, Germany


@Ute42  schrieb:

 

Vor allen Dingen: Wo meldet man den Sitz der Gesellschaft an? 


In Stammheim?

.

🙂  🙂  🙂

 

Monika--Elisabeth0
Level 10
Vienna, Austria

@Ute42, ich habe auch kein Gewerbe für die Vermietung und bin da ganz auf deiner Seite.

 

Ralf5
Level 10
Inzell, Germany

@Jacqueline-and-Robby0,

 

ich selber vermiete 3 Ferienwohnungen, habe aber kein Gewerbe angemeldet, da ich keinerlei (hotelähnliche) Nebenleistungen anbiete wie Frühstück, Fahrradverleih, täglichen Zimmerservice oder ähnliches. Die Vermietungen laufen bei mir unter privater Vermögensverwaltung laufen. Beim Finanzamt werden die Einkünfte dann unter der Rubrik Vermietung und Verpachtung erklärt, also nicht als Einkünfte aus selbständiger oder gewerblicher Tätigkeit!

 

@Ute42 hat schon sehr umfassend hierzu Stellung genommen und auch @Till-and-Jutta0 haben dies in älteren Beiträgen bereits ausführlich behandelt. Du kannst natürlich trotzdem ein Gewerbe anmelden, was aber nicht ratsam ist, da ich ebenso wie Ute die Auffassung vertrete, dass die Anmeldung eines Gewerbes erhebliche Nachteile bei gewissen Konstellationen hat: wenn Du selber Eigentümer des vermieteten Objekts bist und das vermietete Objekt sich womöglich noch im gleichen Gebäude/Anwesen befindet (z.B. Einliegerwohnung oder Anbau) und wenn Du dieses dann irgendwann mal veräüßern möchtest oder wenn das Gewerbe irgendwann mal aus Altersgründen abgemeldet wird, dann wird das gesamte Objekt (nicht nur der Anteil, der vermietet wird, automatisch dem Betriebsvermögen hinzugerechnet und ist der Verkaufserlös ist voll zu versteuern.

 

Die Kleinunternehmerregelung betrifft ausschließlich die Umsatzsteuer, ob ein Gewerbe vorliegt oder eine Selbständige Tätigkeit oder nur eine Vermietung im Rahmen der eigenen Vermögensverwaltung spielt hier keine Rolle. Grundsätzlich unterliegen Kurzzeitvermietungen der Umsatzsteuer und sind mit 7% zu versteuern, im Gegenzug kann man die Vorsteuer für die im Rahmen der Vermietungen anfallenden Kosten geltend machen. Wenn also größere Anschaffungen und Renovierungen anstehen, ist es unter Umständen sinnvoll auf die Kleinunternehmer-Regelung zu verzichten, hängt aber vom Einzelfall ab und ist jedes Jahr auf's Neue ein Rechenexempel. Falls das Vermietungsobjekt im eigenen Haus liegt, dann können auch Allgemeinkosten anteilig (nach einem definierten Schlüssel, hier gibt es verschiedene Ansätze und auf jeden Fall sollte ein Steuerberater hier mitwirken!!! Der Schlüssel wird dann vom Finanzamt geprüft und festgestellt) angesetzt werden, wie z.b. Strom, Wasser, Heizkosten, Kaminkehrer, Müllgebühren, Gartenpflege, etc. und auch die Vorsteuer hierzu kann anteilig angesetzt werden.

 

 

Kai97
Level 2
Frankfurt, DE

@Ralf5 2 kurze Nachfragen:

1. Du schreibst: "Die Vermietungen laufen bei mir unter privater Vermögensverwaltung" - wie hast Du das denn "offiziell" formal geregelt bzw. ist das nötig? Oder ist das mit der "privaten Vermögensverwaltung" einfach eine Definition für dich selbst, die aber formal nirgends fixiert ist?

 

2. Wenn man seine Airbnb-Einkünfte unter Vermiertung/Verpachtung versteuert und 7% Ust abführen muss, wie trennt man das, wenn neben Airbnb auch "normal" vermietet, wo ja nie 7% anfallen. Bei Einkünften über 17.500 ist man ja sozusagen Kleinunternehmer im Bereich "Vermietung"?

 

Danke und Grüße

Kai

Ralf5
Level 10
Inzell, Germany

Hallo @Kai97,

 

1. Nein, die Definition stammt nicht von mir selbst, sondern kommt ursprünglich aus der Thematik Gewerbesteuer, d.h. hier wird unterschieden zwischen

a) privat erzielten (Kurzzeit) Vermietungserlösen und

b) gewerblich erzielten Vermietungserlösen.

Beide unterliegen der Einkommensteuer, aber nur b) unterliegt der Gewerbesteuer. Das Finanzamt unterstellt eine gewerbliche Vermietung, wenn ein hotel-ähnlicher Service angeboten wird wie z.B. Frühstück, eine ständig besetzte Rezeption, täglicher Zimmerservice und ähnliches. Aber auch schon andere kleinere Dienstleistungen wie beispielsweise Fahrradverleih oder auch nur das Bereitstellen von Begrüßungsgetränken u.ä. konnen bereits zu dieser Einstufung führen - und wenn man da mal drin ist, ist es schwer wieder rauszukommen...

Siehe unter anderem auch https://immopreneur.de/forum/topic/2876-vermietung-gewerblich-oder-privat-abgrenzungskriterien-und-a...

 

2. Die Kleinunternehmer-Regelung betrifft ausschliesslich das Umsatzsteuerrecht. D.h. bei Einkünften von weniger als (nicht über wie Du oben erwähnt hast) 17.500 Euro jährlich kann man (muss aber nicht) diese Regelung in Anspruch nehmen. Die Kleinunternehmer-Regelung kann nur einmal pro Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, d.h. hat man beispielweise bereits ein (nebenberufliches) Gewerbe für beispielsweise Internetverkäufe und daneben vermitet man noch an Touristen, dann werden die Einkünfte von beiden Einkunftsarten zusammen gerechnet.

Kurzzeit-Vermietungen unterliegen generell der Umsatzsteuer mit 7% und die Vorsteuer, die in diesem Zusammenhang entstanden ist, kann man geltend machen, also beispielsweise für angeschaffte Möbel und Einrichtungsgegenstände, Bettwäsche, Handtücher, Putzmittel, u.ä., aber auch die in den anteilmäßigen Kosten (beispielsweise nach einem Flächenverteilungsschlüssel) wie Strom, Heizkosten, Wasser, Abwasser, Müllgebühren, Kaminkehrer, Dachsanierung enthaltene Vorsteuer kann anteilmäßig geltend gemacht werden.

Wenn nun neben der Airbnb Vermietung auch noch an Dauermieter vermietet wird, dann unterliegt die Dauervermietung nicht der Umsatzsteuer. Die Einnahmen aus Dauervermietung sind ebenso wie die Airbnb-Vermietungen bei der Einkommensteuer als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung anzugeben. Dennoch sind die Aufwendungen und Umsätze für beide Vermietungsarten getrennt aufzuzeichen, schon deswegen, um festzustellen, ob die Einkünfte aus dem Airbnb Geschäft unter oder über der 17.500 Grenze liegen. Bei den Umsätzen sollte es recht einfach sein, diese zu trennen- Bei den Kosten wird es etwas aufwendiger, d.h. man sollte bei den direkt zuordenbaren Belegen dies gleich auf dem Belg notieren und in getrennten Schuhkartons sammeln. Bei den allgemeinen Gebäudekosten bräuchte es wieder einen Verteilungsschlüssel...

 

Für die erstmalige Abgabe der Steuererklärungen würde ich auf jeden Fall einen Steuerberater hinzuziehen.

 

Hallo @Ralf5, vielen Dank für diese sehr detaillierten Ausführungen! Da ich wie Du 3 Wohnungen vermiete, eine Frage: wie verhält es sich denn, wenn man damit irgendwann über 24.500 Euro Gewinn pro Jahr erzielt? Ist dann nicht zwangsläufig eine Gewerbeanmeldung fällig?

 

Danke und viele Grüße, Peter

Ralf5
Level 10
Inzell, Germany

Hallo @Peter2546 ,

 

wie kommst Du zur der Annahme, dass ab einem Gewinn von 24.500 Euro eine Gewerbeanmeldung erforderlich ist?

 

Soweit ich weiß liegt die Freibetragsgrenze für Einzelgewerbetreibende bei 24.500 Euro. D.h. dass bis zu diesem Betrag keine Gewerbesteuer anfällt und nur der übersteigende Gewinn wird besteuert. Dies hat jedoch nichts mit der Gewerbeanmeldung zu tun.

 

In manchen Fällen gibt es weder eine Plicht noch eine Option zur Gewerbeanmeldung, sondern dies wird vom Finanzamt eingestuft, wenn gewisse Voraussetzungen vorliegen.

Es gibt Vermieter, die gerne ein Gewerbe anmelden würden, dies wurde ihnen aber vom Finanzamt verwehrt! Jeder Fall wird einzeln und gesondert geprüft und ggf. wird die Veranlagung korrigiert und eine andere Einstufung findet statt.

 

Deshalb kann man nicht so ohne weiteres sagen, dass wenn dies und das vorliegt oder nicht vorliegt, dann muss oder kann ein Gewerbe angemeldet werden, in manchen Fällen kann eben kein Gewerbe angemeldet werden.

 

Zu diesem Thema wurde hier schon sehr viel geschrieben, auch von mir, gib einfach mal Gewerbeanmeldung oder Gewerbe anmelden in die Suchmaske ein und die diversen Beiträge erscheinen dann alle (auch die älteren darunter entsprechen noch der aktuellen Rechtsprechung)

Danke @Ralf5 ! Ich hatte natürlich schon die Suche benutzt, aber irgendwie nicht so viel gefunden, ich versuche es gleich nochmal. Nur eine Frage noch: Man kann also Gewerbesteuer bezahlen (müssen), obwohl man gar kein Gewerbe angemeldet hat bzw. es gar nicht könnte, weil eben bestimmte Voraussetzungen fehlen? Aber die Steuer wird dennoch fällig, und das war's? Das war mir nicht bewusst.
Danke und Grüße, Peter

Till-and-Jutta0
Host Advisory Board Alumni
Stuttgart, Germany

@Peter2546 , es gibt Gewerbe-Indikatoren (z.B. "vermietungsuntypische Leistungen" wie Frühstück, täglicher Zimmerservice, Rezeption etc.), die einen bei der Beurteilung Richtung Gewerbe rücken. Nicht der Umsatz.

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